Der Ritter und die Meerjungfrau
Vor langer Zeit lebte einmal ein Ritter. Er war weit herumgekommen in der Welt und hatte viele Kämpfe bestritten. Eines Tages ritt er am Meer entlang und seine eherne Rüstung blitzte in der Abendsonne. Plötzlich hörte er einen sonderbaren Gesang. Als er näher kam, sah er eine wunderschöne Meerjungfrau mit langen roten Haaren auf einem Felsen sitzen. Sie sang hingebungsvoll und spielte dazu auf einer kleinen Harfe. Der Ritter blieb stehen und lauschte eine Weile der eigenartigen Musik. Da bemerkte er, dass an einer bestimmten Stelle im Lied ein Misston war. Als sie fertig war, trat er näher und sprach sie an: "Du hast schön gesungen, aber warum ist da ein falscher Ton in deinem Lied?". Sie antwortete: "Da ist kein falscher Ton. Ich glaube, du hörst schlecht. Außerdem ist das mein Lied. Ich habe es mir ausgedacht und das muss so sein". "Na gut", sagte der Ritter, "Ich wollte dich nicht beleidigen. Möchtest du mich auf mein Schloss begleiten und mein Gast sein? Dort kannst du deine Künste zeigen". "Das geht nicht" antwortete die Nixe, "Ich bin für das Meer geschaffen und kann nicht an Land leben. Aber du könntest doch mit mir kommen, dann zeige ich dir die Zauberwelt des Meeres". "Damit ich jämmerlich ertrinke?" erwiderte der Ritter, "Nein, das ist keine gute Idee". Er verabschiedete sich und ritt weiter. Die Meerjungfrau aber glitt in die Fluten und verschwand in der Dämmerung. An manchen Abenden vermischt sich das Rauschen des Meeres mit ihrem Gesang. Und wenn man genau hinhört, erkennt man ihr Lied an dem Misston.