Impressionen

Montag, 3. Dezember 2007

Dago

Wir haben uns nur flüchtig gekannt vom Französischkurs. Du warst ungefähr in meinem Alter, eigentlich ein netter Kerl, liebtest das Reisen, bevorzugtest die Provence und Marokko - speziell Marakesch; hast regelmäßig dort Urlaub gemacht und oft davon geschwärmt - von schönen Erlebnissen erzählt. Heute vor zwei Wochen bist du ausgestiegen und hast du dich für immer davongemacht. Was hat dich soweit gebracht? Warst du in einem tiefen schwarzen Loch und hast keinen Ausweg mehr gesehen? War niemand da, der dir helfen konnte? Wahrscheinlich werde ich es nie erfahren. Am Freitag ist dein Begräbnis in Friedrichshagen. Ich werde nicht dabei sein. Aber vielleicht besuche ich dich dort mal, wenn ich in Berlin bin.

Samstag, 29. Juli 2006

Wieder in Lappland

Vor der unerträglichen Hitze bin ich in den Norden geflohen. Hier am Virihaure, wo wir unser Lager aufgeschlagen haben, ist es still und es herrschen angenehme Temperaturen. Der Blick über den tiefblauen, spiegelglatten See auf die umliegenden Berge ist atemberaubend. Ich könnte ihn stundenlang genießen. Für unser Abendessen haben wir bei einem netten Samen in Staloluokta ein paar Fische gekauft. Es sind Rödinge und sie schmecken ausgezeichnet. Die Nacht ist hell und wir erholen uns nach einem anstrengenden Wandertag.

Dienstag, 7. März 2006

Nach dem Sturm

Weiße Yachten liegen am Steg und schaukeln sanft, das Meer ist ruhig. Einsam döst ein Hund in der Hitze der Mittagssonne. Wir liegen erschöpft im Schatten oder unter Deck. Nichts erinnert mehr an den Sturm, der letzte Nacht draußen tobte. Die See war aufgewühlt und der Wind peitschte die schäumenden Wogen vor sich her. Da waren wir noch unterwegs, mit gerefften Segeln, dem Wetter trotzend. Das Boot stampfte vor sich hin, ächzte und schwankte, monoton schlugen die Fallen gegen den Mast. Hin und wieder riss eine Böe die Yacht mit voller Wucht herum und drückte sie mit dem Bug ins Wasser. Dann bäumte sich das Schiff wieder auf. Gischt klatschte über das Deck und schwappte in den Steuerstand. Stundenlang ließen wir uns von der mächtigen Dünung treiben und wechselten uns am Ruder ab. Es war nur schwer möglich, bei diesem Sturm einen Kurs zu halten. Erst in den frühen Morgenstunden ließ der Wind nach und wir konnten uns dem Land nähern. Delfine begleiteten uns zu der lieblichen Insel mit den Palmen. Erschöpft und erleichtert kamen wir in St. Lucia an. Es war, als seien wir der Hölle entronnen und direkt ins Paradies gekommen.

Samstag, 14. Januar 2006

New York

Es ist strahlend blauer Himmel als ich kurz aus dem Fenster meines Büros im 37. Stock in Lower Manhattan schaue. Die Aussicht über den Hudson bis hinüber nach New Jersey ist eindrucksvoll. Leider komme ich kaum dazu sie zu genießen. Die Arbeit, Besprechungen und Termine halten mich davon ab. Meine Zeit hier ist begrenzt und ich will und werde meinen Auftrag erfüllen. Trotzdem muss ich zwischendurch gelegentlich abschalten, sonst macht mich das alles noch wahnsinnig. New York City ist eine laute und hektische Stadt. Ständiges Heulen von Sirenen, Kreischen von Motoren oder Baulärm. Ein Trost: hier oben merkt man nur wenig davon. Weiter unten in Wall Street tobt wieder der Börsenhandel. Manchmal mache ich zur Ablenkung im Internet ein paar Trades. Allerdings mit mäßigem Erfolg. Man muss einfach längere Zeit konzentriert dabei bleiben und den Markt genau beobachten, sonst wird das nichts. Aber dazu fehlt mir im Moment die Ruhe und die Zeit. Sehnsüchtig denke ich ans Wochenende. Wenn das Wetter so schön bleibt, könnte ich mir einen Wagen mieten und raus in die Umgebung fahren. Vielleicht wird es aber wieder nur ein ausgedehnter Spaziergang im Central Park mit Eichhörnchen beobachten oder ein Besuch in einem der vielen Museen. Heute gehe ich mit einem Kollegen zum Mittagessen irgendwo in der Nähe des Washington Square. Wir reden fast nur über die Arbeit und über die Firma. Spätabends verlasse ich dann mein Büro und nehme die U-Bahn rauf in die Bronx. In meinem schäbigen Apartment mit Blick auf einen trostlosen Hinterhof wartet niemand auf mich. Todmüde werfe ich mich aufs Bett und schlafe sofort ein. Einen Wecker brauche ich nicht, weil der Lärm von unten mich morgen früh mit Sicherheit weckt.

Dienstag, 1. November 2005

Im Friedrichsbad

Zaghaft betrete ich die großen, meterhohen, in altertümlichem Stil gefliesten Räume. Sie sind schön gestaltet mit Rundbögen, Nischen und Absätzen. Alles hier strahlt Ruhe aus, soll beruhigen und entspannen, die Zeit vergessen lassen. Der Bademeister im weißen Kittel reicht mir Badetücher und wünscht einen angenehmen Aufenthalt.
Sanft trifft der üppige Strahl einer überdimensionierten Brause meinen nackten Körper und umhüllt ihn wie ein warmer Mantel. Das Wasser reinigt nicht nur die Haut, sondern wäscht auch alle schlechten und überflüssigen Gedanken weg. Gut angewärmt gleite ich ins eiskalte Wasserbecken. Es prickelt auf meiner Haut als ich wieder auftauche.
Die nächste Station ist ein Wärmeraum, in dem man gut eingehüllt in sein Badetuch auf glattem, warmen Stein liegt. Nach einem kleinen Nickerchen geht es weiter zur Bürstenmassage. Kräftige Hände reiben meinen Körper mit Seife ein und bearbeiten ihn mit einer großen Bürste. Die Haut beginnt sich zu röten und mein Blut scheint zu kochen. Nach dem Abduschen betrete ich das Dampfbad und setze mich auf die steinerne Bank. Heißer Dampf vermischt mit ätherischen Aromen strömt unablässig aus dem Boden und benebelt den ganzen Raum. Ich denke an nichts mehr, sondern lasse alles nur geschehen, bin völlig entspannt.
Anschließend genieße ich im Warmwasserbecken den Wasserstrahl aus einer Massagedüse. Jeder Muskel wird damit bearbeitet. Nebenan im Kaltwasserbecken unter der großen Kuppel drehe ich dann noch eine Weile meine Runden, bevor ich mich ermattet in den halbdunklen Ruheraum begebe. Der Bademeister weist mir eine der Liegen zu und wickelt mich in dicke Wolldecken ein. Ich weiß nicht, wie lange ich dort geschlafen habe, aber irgendwann wache ich erfrischt auf, kleide mich an und fühle mich wie neugeboren.

Mittwoch, 15. Juni 2005

Mein Weg zur Arbeit

Vor ein paar Wochen habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft. Seitdem fahre ich damit öfters die zehn Kilometer zur Arbeit. Anstatt mit dem Auto durch die Stadt, kann ich mit dem Rad eine viel schönere Route nehmen, die nur über Feld- und Waldwege führt. Die Sonne scheint, ich bin mitten in der Natur und genieße die gemütliche Fahrt. Mein Weg kreuzt über eine Brücke die Autobahn. Unten ist meistens Stau und ich freue mich, dass ich diesmal nicht drin bin. Im Wald begegnet mir manchmal ein Reh oder ein Jogger. Langsam komme ich meinem Ziel näher und die Gedanken richten sich auf die Arbeit. Nachher werde ich wieder konzentriert am Schreibtisch oder in einer Konferenz sitzen, mit Kollegen reden und zum Mittagessen gehen. Alles wie gewohnt. Abends dann zurück mit dem Fahrrad. Ich freue mich schon darauf.

Montag, 25. April 2005

Sodastream

Langgezogene, sanfte, wohlklingende Töne. Fremd und doch irgendwie vertraut. Mit Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass sind sie zu uns gekommen ins kalte Europa, die drei Australier auf ihrer Welttournee. Ihre Musik erzählt von vergangener Liebe, Fernweh, Glück und Trauer, vom Meer, Hafen und Strand. Der Kontrabass mit seinen tiefen, vibrierenden Tönen klingt manchmal wie ein Didgeridoo. Unwillkürlich kommen mir Bilder vom Outback in den Sinn, mit Känguruhs und Ayers Rock bei sengender Hitze. Dichtgedrängt sitzen wir auf dem Boden im kleinen Saal des Studentenclubs und lauschen im Halbdunkel den wunderbaren Klängen. Meine junge Begleiterin schmiegt sich an mich, fasziniert und glücklich, ganz versunken in die Musik. Sie dringt in uns ein, erfüllt uns und lässt uns alles andere vergessen. Es ist wie im Traum.

Freitag, 18. März 2005

Im Moor

Unheimliche Stille, Nebelschwaden,
wabernder Boden unter meinen Füßen.
In der Dämmerung suche ich den Weg,
ein beklemmendes Gefühl im Bauch.

Irrlichter in der Ferne locken,
weh dir, wenn du ihnen traust.
Ruhig bleiben, nicht verzweifeln,
vertrau, dass du das Ziel erreichst.

Jetzt ist es dunkel, nichts geht mehr,
zu gefährlich ist der Weg durchs Moor.
Bange warten bis die Nacht vorüber,
denn Hoffnung bringt der neue Tag.

Dienstag, 21. Dezember 2004

Winter

Dick eingepackt in unsere Wintermäntel wagen wir uns
hinaus in die Kälte. Reif bedeckt die Wiesen. Weißgefrorene
Pfützen knirschen unter unseren Stiefeln. Büsche und
Bäume, Wege und Seen - alles ist erstarrt.
Vom milchigen Himmel bahnt sich die Sonne ihren Weg
durch die blattlosen Bäume. Der Frost kriecht langsam
an mir hoch, beißt sich in meinem Gesicht fest.
Ich spüre deine warme Hand in meiner Manteltasche.
Unsere Blicke treffen sich. Wir verstehen uns ohne Worte -
du bist mir nah.

Dienstag, 14. Dezember 2004

Ein Unfall

Es war kein besonderer Tag. Wie jeden Morgen fuhr ich durch die Stadt zur Arbeit. Als ich mich der großen Kreuzung näherte, um sie geradeaus zu überqueren, zeigte die Ampel grün. Ich wusste, sie würde gleich auf gelb wechseln, also gab ich Gas. Vor mir hatte es ein entgegenkommender Linksabbieger gerade noch geschafft rüberzukommen. Ich sah den nächsten links vor mir und ging davon aus, er würde warten, um mich durchzulassen. Da krachte es auch schon mitten auf der Kreuzung. Meine schwere Limousine traf mit voller Wucht frontal auf das entgegenkommende Fahrzeug. Für kurze Zeit verlor ich das Bewusstsein. Als ich langsam wieder zu mir kam, war alles um mich voller Qualm und es herrschte eine eigenartige Stille. Zuerst dachte ich, es brennt, aber das war nur das Treibgas des Airbags, der sich durch den Aufprall explosionsartig aufgeblasen hatte. Offenbar war ich unverletzt. Der Sicherheitsgurt hatte mich aufgefangen, was sich durch leichte Brustschmerzen bemerkbar machte. Da sich der andere Wagen durch den Aufprall gedreht hatte und jetzt links von mir stand, musste ich mich durch die Beifahrertür ins Freie quälen. Die Vorderseite meines Wagens war stark eingedrückt, Kühlflüssigkeit lief aus, Fahrzeugteile und Scherben lagen überall herum. Ich fühlte mich benommen, depremiert und hilflos.
Inzwischen waren auch die Insassen des anderen Autos ausgestiegen. Es handelte sich um eine türkische Familie. Niemand schien ernsthaft verletzt zu sein. Der Fahrer, ein älterer Türke, kam sofort auf mich zu und redete wild gestikulierend auf mich ein: „Du bei rot gefahren, du schuld!“ Seine Frau und die Tochter weinten. Ich wies die Anschuldigungen des Mannes sofort zurück und holte mir Bestätigung bei dem Fahrer des Wagens, der rechts hinter mir zum Stehen gekommen war. Da traf auch schon die Polizei ein. Sie fragte, ob jemand verletzt sei, prüfte die Papiere und nahm alles zu Protokoll. Anschließend stiegen die Türken in einen inzwischen eingetroffenen Sanitätswagen ein und wurden zur Untersuchung ins Krankenhaus gefahren. Irgendwann kam der Abschleppdienst und holte zunächst das total demolierte gegnerische Fahrzeug ab.
Da stand ich nun allein mit meinem kaputten Wagen mitten auf der stark befahrenen Kreuzung und wartete geduldig. Wieder kam ein Abschleppwagen. Der Fahrer lud auch mein Auto auf, räumte alle Teile von der Straße und ich konnte mit ihm zu einer Vertragswerkstatt fahren, die nur wenige hundert Meter entfernt lag. Dort musste ich wieder warten. Als ich an der Reihe war, sagte mir der Kfz-Meister, nachdem er sich mein Auto angeschaut hatte, dass es wahrscheinlich ein Totalschaden wäre.
Einige Zeit später bekam ich einen Mietwagen zur Verfügung gestellt und fuhr damit weiter ins Büro. Da gerade Mittagspause war, ging ich gleich mit meinen Kollegen zum Essen und erzählte ihnen von dem Unfall. Sie waren beeindruckt, dass ich das Ganze so leicht weggesteckt hätte. Vielleicht sah das so aus, aber eigentlich fühlte ich mich nach dem Unfall ein wenig verändert, wie geistig abwesend oder unter einem leichten Schock. Am Nachmittag telefonierte ich mit der gegnerischen Versicherung und der Leasingfirma meines Wagens. Dann schrieb ich einen Unfallbericht und schickte ihn per Fax ab. Die Schmerzen in der Brust nahmen zu und vernünftiges Arbeiten war mir nicht möglich. Also fuhr ich am Spätnachmittag in die Klinik. Dort wurde ich mehrfach geröntgt und der Arzt sagte mir, dass er keinen Defekt feststellen könne. Er gab mir Tabletten gegen die Schmerzen und wollte mich krankschreiben, was ich aber ablehnte. Es würde etwa drei Wochen dauern bis die Schmerzen weg wären, meinte er. In der folgenden Woche bekam ich ein neues Auto und die Versicherung bezahlte mir später sogar noch ein Schmerzensgeld.
Als Fazit kann ich sagen, dass ich mich nach dem Unfall sicherer im Auto fühle und bewusster fahre, weil ich weiß was passieren kann und wie es abläuft.
logo

Big Iron

Innenwelten

Lieblingsautoren

  • Franz Kafka
  • Hermann Hesse
  • Heinrich Böll
  • Max Frisch
  • Lieblingsmusik

    Archiv

    April 2024
    Mo
    Di
    Mi
    Do
    Fr
    Sa
    So
     1 
     2 
     3 
     4 
     5 
     6 
     7 
     8 
     9 
    10
    11
    12
    13
    14
    15
    16
    17
    18
    19
    20
    21
    22
    23
    24
    25
    26
    27
    28
    29
    30
     
     
     
     
     
     
     
     

    Aktuelle Beiträge

    Dago
    Wir haben uns nur flüchtig gekannt vom Französischkurs....
    BigIron - 3. Dez, 22:28
    collage
    es ist still geworden. noch bin ich da. dunkle wolken...
    BigIron - 8. Aug, 22:48
    Wieder in Lappland
    Vor der unerträglichen Hitze bin ich in den Norden...
    BigIron - 29. Jul, 23:22
    Nach dem Sturm
    Weiße Yachten liegen am Steg und schaukeln sanft, das...
    BigIron - 7. Mär, 00:03
    Unterwegs
    Ich lief die einsame Strasse hinunter ohne Ziel, hatte...
    BigIron - 6. Mär, 01:21
    New York
    Es ist strahlend blauer Himmel als ich kurz aus dem...
    BigIron - 14. Jan, 00:49
    Im Friedrichsbad
    Zaghaft betrete ich die großen, meterhohen, in altertümlichem...
    BigIron - 1. Nov, 01:03
    Es war sehr nett auf...
    Es war sehr nett auf der Buchmesse. Ich habe mir eine...
    BigIron - 23. Okt, 22:54
    Schade, dass du nicht...
    Schade, dass du nicht kommen kannst. Die Frankfurter...
    BigIron - 22. Okt, 23:50
    Hab
    ganz viel Freude an der Buchmesse! Ich hätte sie mir...
    moonlight - 19. Okt, 20:04
    Herbst
    Ich sitze im Halbdunkel am Schreibtisch und schaue...
    BigIron - 14. Okt, 01:22
    Ach ja, die Büchermesse...
    Ach ja, die Büchermesse von der ich seit Jahren träume...
    verbannt - 3. Okt, 16:28
    Frankfurter Buchmesse
    Obwohl ich menschliche Massenansammlungen nicht mag,...
    BigIron - 3. Okt, 01:08
    Worte und Sätze
    Worte und Sätze. Erzeugt von Gedanken, Eindrücken oder...
    BigIron - 26. Sep, 21:42
    Danke, liebe Moonlight....
    Danke, liebe Moonlight. Geniessen wir den Herbstanfang...
    BigIron - 24. Sep, 23:31

    Suche

     

    User Status

    Du bist nicht angemeldet.

    Status

    Online seit 7136 Tagen
    Zuletzt aktualisiert am
    5. Feb, 00:20 - kostenlose Zugriffszähler

    Bloggen
    Du
    Gedanken
    Gedichte
    Gefuehle
    Ich
    Impressionen
    Maerchen
    Stimmungen
    Traeume
    Profil
    Abmelden
    Weblog abonnieren