Dienstag, 28. Juni 2005

Der Ritter und die Meerjungfrau

Vor langer Zeit lebte einmal ein Ritter. Er war weit herumgekommen in der Welt und hatte viele Kämpfe bestritten. Eines Tages ritt er am Meer entlang und seine eherne Rüstung blitzte in der Abendsonne. Plötzlich hörte er einen sonderbaren Gesang. Als er näher kam, sah er eine wunderschöne Meerjungfrau mit langen roten Haaren auf einem Felsen sitzen. Sie sang hingebungsvoll und spielte dazu auf einer kleinen Harfe. Der Ritter blieb stehen und lauschte eine Weile der eigenartigen Musik. Da bemerkte er, dass an einer bestimmten Stelle im Lied ein Misston war. Als sie fertig war, trat er näher und sprach sie an: "Du hast schön gesungen, aber warum ist da ein falscher Ton in deinem Lied?". Sie antwortete: "Da ist kein falscher Ton. Ich glaube, du hörst schlecht. Außerdem ist das mein Lied. Ich habe es mir ausgedacht und das muss so sein". "Na gut", sagte der Ritter, "Ich wollte dich nicht beleidigen. Möchtest du mich auf mein Schloss begleiten und mein Gast sein? Dort kannst du deine Künste zeigen". "Das geht nicht" antwortete die Nixe, "Ich bin für das Meer geschaffen und kann nicht an Land leben. Aber du könntest doch mit mir kommen, dann zeige ich dir die Zauberwelt des Meeres". "Damit ich jämmerlich ertrinke?" erwiderte der Ritter, "Nein, das ist keine gute Idee". Er verabschiedete sich und ritt weiter. Die Meerjungfrau aber glitt in die Fluten und verschwand in der Dämmerung. An manchen Abenden vermischt sich das Rauschen des Meeres mit ihrem Gesang. Und wenn man genau hinhört, erkennt man ihr Lied an dem Misston.

Sonntag, 26. Juni 2005

Über das Schreiben

Das Schreiben von Lyrik oder Prosa beginnt nicht im Kopf, will sagen: mit dem Verstand. Bei mir jedenfalls ist das so. Wenn ich mir vornehmen würde: jetzt setzt du dich hin, nimmst Papier und Bleistift, überlegst eine Weile und schreibst ein Gedicht – dann funktioniert das nicht. Dabei kommt nichts Brauchbares zustande und es ist frustrierend.

Wie läuft es dann? Das ist nicht einfach zu beschreiben. Ich versuche es trotzdem:

Den ganzen Tag schwirren mir irgendwelche Gedanken durch den Kopf - wie ein Mückenschwarm in einem Gehäuse. Manchmal sind es mehr und manchmal weniger. Letzteres beispielsweise, wenn ich mich auf eine bestimmte Sache konzentriere oder mit etwas beschäftigt bin. Im günstigen Fall verdichten sich die Gedanken und es kommen Erinnerungen oder Gefühle dazu. Dann schließe ich kurz die Augen, entspanne mich und lasse das alles in mir fließen. Es ist eine Art von kurzem Halbwach- oder Trancezustand, vielleicht könnte man es auch Wachtraum nennen. Plötzlich ist es soweit. Die Gedanken formieren sich, werden zu Wörtern und Sätzen, erst bruchstückhaft dann klarer. Es bricht förmlich aus mir heraus. Ich konzentriere mich wieder und schreibe schnell alles auf, um das wertvolle Gut festzuhalten und in eine ästhetisch ansprechende Form zu bringen. Dabei hilft mir natürlich wieder mein Verstand, den ich vorher unterdrückt hatte. Insgesamt kann ich darüber sagen: nicht ich schreibe, sondern es schreibt mich, wenn ich mich darauf einlasse.

Montag, 20. Juni 2005

Blume

Du bist schön, Blume
und du weißt es.
Jung und stolz, Blume
und jeder sieht es.
Blüh und strahle, Blume
und genieße diese Zeit.
Wirst vergehn, Blume
und andere stehn bereit.

Mittwoch, 15. Juni 2005

Mein Weg zur Arbeit

Vor ein paar Wochen habe ich mir ein neues Fahrrad gekauft. Seitdem fahre ich damit öfters die zehn Kilometer zur Arbeit. Anstatt mit dem Auto durch die Stadt, kann ich mit dem Rad eine viel schönere Route nehmen, die nur über Feld- und Waldwege führt. Die Sonne scheint, ich bin mitten in der Natur und genieße die gemütliche Fahrt. Mein Weg kreuzt über eine Brücke die Autobahn. Unten ist meistens Stau und ich freue mich, dass ich diesmal nicht drin bin. Im Wald begegnet mir manchmal ein Reh oder ein Jogger. Langsam komme ich meinem Ziel näher und die Gedanken richten sich auf die Arbeit. Nachher werde ich wieder konzentriert am Schreibtisch oder in einer Konferenz sitzen, mit Kollegen reden und zum Mittagessen gehen. Alles wie gewohnt. Abends dann zurück mit dem Fahrrad. Ich freue mich schon darauf.

Montag, 13. Juni 2005

Außer dir

Du fürchtest nichts - außer Krankheit und Tod.
Du liebst niemand - außer dich selbst.
Du sagst immer nein - außer zu dir.
Du vergisst nie - außer zu leben.

Montag, 6. Juni 2005

Glück

Glück zu empfinden ist etwas sehr Flüchtiges, das sich einer Kontrolle entzieht: Es kommt - es geht. Nur die Erinnerung daran bleibt.

Dienstag, 24. Mai 2005

Wahrheit ist ein Mythos

Jeder sieht nur das, was er sehen will und kann.

Montag, 9. Mai 2005

In uns

Atem, Blut, Gedanken.
Alles fließt, wir leben.
Stillstand heißt Tod.

Montag, 25. April 2005

Sodastream

Langgezogene, sanfte, wohlklingende Töne. Fremd und doch irgendwie vertraut. Mit Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass sind sie zu uns gekommen ins kalte Europa, die drei Australier auf ihrer Welttournee. Ihre Musik erzählt von vergangener Liebe, Fernweh, Glück und Trauer, vom Meer, Hafen und Strand. Der Kontrabass mit seinen tiefen, vibrierenden Tönen klingt manchmal wie ein Didgeridoo. Unwillkürlich kommen mir Bilder vom Outback in den Sinn, mit Känguruhs und Ayers Rock bei sengender Hitze. Dichtgedrängt sitzen wir auf dem Boden im kleinen Saal des Studentenclubs und lauschen im Halbdunkel den wunderbaren Klängen. Meine junge Begleiterin schmiegt sich an mich, fasziniert und glücklich, ganz versunken in die Musik. Sie dringt in uns ein, erfüllt uns und lässt uns alles andere vergessen. Es ist wie im Traum.

Freitag, 18. März 2005

Im Moor

Unheimliche Stille, Nebelschwaden,
wabernder Boden unter meinen Füßen.
In der Dämmerung suche ich den Weg,
ein beklemmendes Gefühl im Bauch.

Irrlichter in der Ferne locken,
weh dir, wenn du ihnen traust.
Ruhig bleiben, nicht verzweifeln,
vertrau, dass du das Ziel erreichst.

Jetzt ist es dunkel, nichts geht mehr,
zu gefährlich ist der Weg durchs Moor.
Bange warten bis die Nacht vorüber,
denn Hoffnung bringt der neue Tag.
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Big Iron

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